Der Kommentar  der Schaumburger Zeitung                      20.Dezember 2004

 

    Berge bröckeln weg - kein neuer Abbau mehr!

    Von Frank Werner

    Dass die Steilwand über Nacht zusammenkracht und eine ganze Jahresproduktion Steine in die Grube schleudert, hat schlimmste Befürchtungen übertroffen. Gänzlich unerwartete kam der
    Super-GAU indes nicht: Gutachter haben dem Messingberg schon vor Jahren Gleichgewichtsstörungen attestiert.
    Es mag jetzt von Interesse sein, herauszufinden, was den Berg beschleunigt hat, welcher Faktor den ersten Stein ins Rollen brachte. Die tiefere Ursache hingegn liegt auf der Hand - sie ist so offensichtlich, dass sie kaum erwähnt wird: Der Bergrutsch ist einzig und allein die Folge des Gesteinsabbaus. Ohne die andere Berghälfte steht die Abbaukante eben nicht mehr wie eine Wand. Das ist so schlicht und simpel, dass es nicht mal eines Gutachtens bedarf.
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    Ohne Rücksicht auf Verluste, bis 50 Meter an den Kamm und tief hinunter auf die Gleitschicht, haben die Schaumburger Steinbrüche den Berg ausgebeutet. Auch als 1999 ein Gutachten die komplette Steilwand für instabil erklärte, hielt das den Abbaubetrieb nicht davon ab, noch mehr freizulegen. Es hätte nicht zum Bergrutsch kommen müssen, wäre der Abbau damals gestoppt worden.
    Aber das Unternehmen folgte der Empfehlung eines gefälligen Gutachters, der eine weitere Destabilisierung tolerierte, weil man anschließend mit Sprengungen dagegenhalten könne.
    Nach dieser Logik ließe sich selbst das Waldsterben dadurch stoppen, dass der Wald gerodet wird.
    Der Erfolg der Sprengungen ist nicht mehr als eine Momentaufnahme: Auf lange Sicht werden die Steinhäufchen den bewegten Berg kaum aufhalten.
    Wie heißt es dazu im Gutachten? Eine “Verschlechterung der Situation mit abnehmbarer Stabilität” kann langfristig nicht ausgeschlossen werden. Manchmal, wenn die Natur den Gutachten nicht folgen will, geht es auch schneller.
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    Zu befürchten ist, dass der der bisher nur als Notlösung geltende Abbau des Bergkammes jetzt als Sanierungsforderung salonfähig gemacht werden soll. Das allerdinmgs käme einer Kriegserklärung an die Naturschützer gleich. Was auch immer an Sicherungsvorschlägen auf den Tisch kommt: Es darf mit einer Abbauerweiterung nicht zu verwechseln sein.
    Auch die benachbarten Steinbrüche an der Wülpker Egge und am Papenbrink in Todenmann haben einsturzgefährdete Wände hinterlassen.
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    Von Wülpke bis Steinbergen hat es die Abbauindustrie geschafft, Jahrtausende alte Gebirgslandschaften in wenigen Jahren aus der Balance zu bringen.
    Jede Einsicht kommt hier zu spät: Was bleibt, ist Schadensbegrenzung. Umso wichtiger, dass die noch intakten Berge unangetastet bleiben. Das Desaster in Steinbergen muss den rohstoffhungrigen Planern des Landes deutlich vor Augen führen, welche Last die Region als Steinbruch Niedersachsens bereits zu tragen hat. Neue Abbauflächen auszuweisen, wäre unverantwortlich. Der Messingberg ist das mahnende Beispiel, dem der Möncheberg niemals folgen darf!
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 Der Kommentar in der Schaumburger Zeitung vom 24.Februar 2007:

    Kein Grund zum Jubeln

    von Frank Werner

    Kein neues Abbaugebiet in den Weserbergen - wer deshalb die Korken knallen lässt, dem droht später ein böses Erwachen. In der Ausbeutung von Gesteinslagerstätten hat das Land eine Verschnaufpause eingelegt, mehr nicht. Nur eine Frage der Zeit, bis die seit Jahren reservierten Berge abgegraben werden sollen. Es hätte überrascht, wäre dieser Vorstoß ausgerechnet im Wahljahr gekommen. Aber was kommt nach der Wahl?
    Die Ausgangslage, die 2002 zum Konflikt um das Dachtelfeld führte, hat sich kaum verändert. Solange es nicht gelingt, planerische Fakten gegen den Abbau zu schaffen, ist die Natur in Gefahr. Gerade beim Dachtelfeld hat das Land mit Argusaugen darüber gewacht, dass den Abbauinteressen kein FFH-Schutzgebiet in die Quere kommt.
    Jetzt ist die längst praktizierte Freihaltepolitik offizielles Programm geworden, die Lagerstätten müssen rechtlich abbaufähig bleiben. Damit haben sich die Verhinderungschancen deutlich verschlechtert.
    Die Hintertür für künftige Abbauvorhaben steht sperrangelweit offen. Das Rohstoff-Forum hat nichts daran geändert, die Naturschützer müssen sich fragen lassen, ob sie einer Zähmungsstrategie auf den Leim gegangen sind. Das im Abschlussbericht des Forums über Klettergärten in stillgelegten Steinbrüchen schwadroniert, der Bergrutsch in Steinbergen als katastrophale Folge des Abbaus dagegen nicht erwähnt wird, spricht Bände.