Liebe Freunde des Weserberglandes,
im Namen der Aktionsgemeinschaft Weserbergland begrüße ich Sie recht herzlich. Wir freuen uns, daß zahlreiche hochrangige Persönlichkeiten, die
diesem Kreis angehören, unserer Einladung gefolgt sind und damit unserem Anliegen Beachtung schenken. Ich begrüße als Vertreter der niedersächsischen Landesregierung den niedersächsischen Umweltminister,
Hans-Heinrich Sander. Herr Minister, als Golmbacher werden sie sich vorstellen können, was es für ihre Mitbürger bedeuten würde, wenn die Rühler Schweiz oder der Burgberg in das Blickfeld der
Gesteinsabbauindustrie gerieten. Wir bitten Sie, im Kabinett Ihre Stimme für uns in die Waagschaale zu legen. Seien Sie uns herzlich willkommen.
Als Vertreter des Niedersächsischen Ministers für den kändlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz begrüße ich herzlich
Herrn Staatssekretär Gert Lindemann. Herr Staatssekretär, unter Ihrer Leitung arbeiten u.a. zwei Abteilungen, die Forstabteilung ( zu der prominente Jäger des Landes in der Regel recht gute Beziehungen haben)
und die Abteilung für Raumordnung und Landesplanung. Die eine Abteilung verdient am Gesteinsabbau, weil sie Abbauzinsen erhält, die andere entscheidet darüber, ob abgebaut werden darf. Das ist für uns eine
beunruhigende Konstellation - vor kurzem hat es sie noch nicht gegeben. Wir wären Ihnen dankbar, wenn die Entscheidungsfindung in einem offenen Prozeß stattfinden würde, bei dem auch unsere Argumente angemessen
gewichtet werden.
Liebe Freunde des Weserberglandes,
nachdem unser Weser-Bergfest mit einem Waldgottesdienst nachdenklich begonnen hat und mit Wanderungen und munterem Treiben hier auf dem Platz
vergnüglich fortgesetzt wurde, begrüße ich Sie im Namen der Aktionsgemeinschaft Weserbergland herzlich zu unserer Abschlußkundgebung, dem eigentlichen Kernpunkt der Veranstaltung. Wir, eine kleine Gruppe von
Aktiven, möchten auf ihr deutlich machen, warum wir angetreten sind und wofür wir einstehen. Unser Anliegen bewegt die Region - viele Einzelpersonen und nicht weniger als 45 Vereine, Verbände und sonstige
Gruppierungen bekenn sich offen zu unseren Zielen und haben sich uns angeschlossen.
Wir haben diesen Platz gewählt, weil er wohl das schönste Fleckchen Erde in der Region Weserbergland im Süntel ist. Er ist es aber nur, weil er
als Teil eines kleinen Naturschutzgebiets um den Hohenstein liebevoll gehegt und gepflegt wird. Zahlreiche Besucher aus nah und fern honorieren das durch Besuch an Wochenenden und Feiertagen.
Aber die Idylle trügt. Knapp einen km Luftlinie nordwestlich von hier, am Riesenberg, detonieren seit 30 Jahren die Sprengladungen - die Bagger
fressen sich immer dedrohlicher an den kleinen Ort Langenfeld heran. Entstanden ist eine riesige Schuttwüste, einem Mondkrater ähnlich, die sich jeder Rekultivierung entzieht. Wenn wir nicht vor zwei Jahren
massiv auf die Barrikaden gegangen wären, hätte inzwischen der Abbau am Dachtelfeld begonnen, nur etwa 2,5 km Luftlinie nordöstlich von hier. Auf dem prospektierten Abbaugebiet hätten 180 Fußballfelder Platz.
Damit wäre ein Naturraum verloren gegangen, der aus historischen, botanischen und hydrologischen, nicht zuletzt aber auch aus touristischen Gründen unersetzlich ist - ein Unding! Hinweisen möchte ich in diesem
Zusammenhang nur darauf, daß das Dachtelfeld das wichtigste Einzugsgebiet für das Bachsystem des Naturschutzgebietes Hohenstein ist. Wenn es abgetragen würde, wäre es auch hier, an diesem Platz, mit der Idylle
vorbei. Erfreulicherweise hat der damalige Ministerpräsident Sigmar Gabriel die Abbaupläne vorläufig gestoppt. Ministerpräsident Christian Wulff hat diese Entscheidung jüngst bestätigt und der Region darüber
hinaus Hoffnung gemacht, daß das Dachtelfeld künftig verschont wird. Grund zur Beruhigung besteht aber nicht; denn Niedersachsen hat das Dachtelfeld nicht als schützenswertes FFH-Gebiet angemeldet. Sie werden
dazu noch Näheres hören.
Riesige Steinwüsten wie am Riesenberg gibt es daneben am Mattenberg bei Hamelspringe, einem Loch bei Rohden am Möncheberg, an der Westendorfer
Egge, am Messingsberg und an der Wülpker Egge. Die gesteinsabbauende Industrie ist im Laufe der letzten 30 Jahre eine regelrechte Gefahr für die Region geworden.
Vom Wesertal aus sieht man davon wenig (wenn man von den vielen Kiesteichen absieht, die die Weserauen deformiert haben). Dieser Eindruck
täuscht jedoch.An drei langgestreckten markanten Weserbergen sind die Kämme ins Rutschen geraten. Die klippengesäumten Kammwege, die zu den schönsten Wanderwegen unserer Heimat zählten, sind dadurch unbenutzbar
geworden und mußten gesperrt werden. Die Steinbruchunternehmen sind entweder nicht willens oder nicht in der Lage, die Stabilität der Kämme zu erhalten. Außerdem sollte nicht vergessen werden, daß die Region
nicht nur aus dem Wesertal besteht. Das ohnehin durch die Autobahn gebeutelte Auetal mit seiner westlichen Fortsetzung von Bad Eilsen nach Kleinenbremen droht durch den Gesteinsabbau zu einer Art Kloake zu
verkommen. Das meine ich durchaus wörtlich, denn immer wieder wird darüber nachgedacht, stillgelegt Steinbrüche als zentrale Mülldeponien weiterzuverwenden. Das ist sehr praktisch - damit werden
Rekultivierungskosten gespart.
Wir hätten kein Recht, auch keinen moralischen Anspruch darauf, uns gegen die massive Ausbeutung der hiesigen Rohstoffvorkommen zu wenden, wenn
dadurch hunderte von Arbeitsplätzen geschaffen würden, weil damit - wie seinerzeit durch den Kohlebergbau bei Obernkirchen - der Region ein wirtschaftlicher Aufschwung beschert würde, den sie dringend benötigt.
Der Abzug von Landesbehörden in jüngster Zeit, die zunehmende Anzahl von Insolvenzen und die Verlegung personalintensiv produzierende Betriebe in andere Bundesländer oder in das Ausland haben unseren Lebensraum
schwer getroffen. Die Eröffnung neuer oder die Erweiterung bestehender Steinbrüche würden keinen Aufschwung bewirken, sondern die negative Tendenz noch verstä#rken. In den Steinbrüchen werden nur wenige
Arbeitskräfte beschäftigt, das reichlich verdiente Geld landet in den Unternehmens-, Stadt- und Staatskassen in Hannover und Berlin und zurück bleibt eine verwüstete Landschaft, in der es nicht mehr zu leben
lohnt und die für künftigen Tourismus nicht mehr zu gebrauchen ist.
Ich möchte meine Bemerkungen zum Abschluß und auf den Punkt bringen: Wir nehmen es der Gesteinsabbauindustrie nicht übel, daß sie das hier neben
der Straße liegende Gold in Gestalt des Korallenooliths schürfen und für sich in klingende Münze verwandeln will. So ist es nun einmal in einer Marktwirtschaft. Wir haben aber - mit Recht - keine freie
Marktwirtschaft. Sie muss vielmehr sozialverträglich sein, und dafür muß die öffentliche Hand die Rahmenbedingungen setzen. Den Grundsatz der Sozialverträglichkeit sehen wir verletzt, wenn die Entwicklung so
weiter geht wie bisher. Wir möchten in diesem Zusammenhang auf das Leitbild der Nachhaltigkeit verweisen, das in der Agenda 21 von 170 Staaten für die Schöpfungsverantwortung formuliert worden ist. Danach ist
eine Entwicklung anzustreben, die die gegenwärtigen Bedürfnisse befriedigt, ohne zu riskieren, daß künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. Wenn hierorts weiterhin Gestein in der
Weise abgebaut wird wie seit 30 Jahren, wird die übernächste Generation nicht mehr über diesen Rohstoff verfügen und nicht mehr in der reizvollen Landschaft leben, die unsere Vorfahren 2000 Jahre lang bewahrt
haben.
Wir appellieren deshalb an die zuständigen Politiker und Entscheidungsträger des öffentlichen Dienstes, durch Setzen und Durchsetzen gegeigneter
Rahmenbedingungen endlich gegenzusteuern. Wir freuen uns, daß zahlreiche hochrangige Persönlichkeiten, die diesem Kreis angehören, unserer Einladung zum Weser-Bergfest gefolgt sind und damit unserem Anliegen
Beachtung schenken. Seien Sie uns herzlich willkommen.