Schaumburger Zeitung   -  Deister- und Weserzeitung (Dewezet)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nun sterben auch die Eschen im Weserbergland

Naturpark Weserbergland (pj). Im Süntel ist es nicht mehr zu übersehen. Geht man durch den Wald in der Försterei Langenfeld, über das Dachtelfeld, die Südwehe, am Hohenstein oder durch das Blutbachtal, dann fallen sie auf die kahlen, abgestorbenen Spitzen der Eschen. Revierförster Uwe Sprick muss bereits drei Hektar abschreiben, auf denen die vor allem für die Werkzeugherstellung und die Möbelindustrie wertvollen Bäume gepflanzt worden waren.

“Der Ausfall im Bereich des Niedersächsischen Forstamtes Oldendorf ist inzwischen von erheblicher Bedeutung”, erklärt Forstoberrat Dr. Michael Berhndt, der stellvertretende Leiter des Forstamtes in der Hessisch Oldendorfer Südstraße. Der wirtschaftliche Schaden ist hoch, lässt sich aber derzeit noch nicht beziffern. Außer der Försterei Langenfeld sind ebenso die Förstereien Rinteln Beber und Fischbeck, sowie der Bereich des früheren Forstamtes Grohnde betroffen, führt Dr. Behrndt aus.

Im Vorjahr war Uwe Sprick aufgefallen, dass Eschen ihr Laub verloren und dürre Spitzen bekamen. “Wir hatten im Frühjahr einige Wochen in denen es nicht geregnet hatte - das diente zunächst als Erklärung”, gesteht Uwe Sprick. Er erinnere sich auch, dass ihm schon vor Jahren beim Urlaub in Skandinavien aufgefallen war, dass die Eschen dort gleiche Symptome aufwiesen, viele Bäume dürre Kronen hatten. Eine Verbindung sah der Revierförster jedoch noch nicht.

Schon seit einigen Jahren kann in manchen Regionen ein auffälliges Absterben von Trieben der Esche beobachtet werden. Zunächst tippten auch dort die Forstleute auf eine Kombination von abiotischen (leblosen) Faktoren wie Frost und Trockenheit mit biotischen (lebenden) Faktoren wie Pilzen. Dann kam im Dezember 2008 die Mitteilung der Nordwestdeutschen Versuchsanstalt: ein neuer Pilz, der Chalara Fraxinea ist maßgeblich für das “Eschentriebsterben” verantwortlich. Seit den 1990er Jahren wird dieses “Eschentriebsterben” beobachtet. Zunächst im Baltikum, in Skandinavien und Polen, seit 2002 sterben Exemplare der Baumart zunehmend auch in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Bei uns ist vor allem der Norden betroffen. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat 2005 ein Anbauverbot für die Esche ausgesprochen. Dort waren bereits ein Viertel der Bäume geschädigt.

Noch unklar ist, wie die Infektion erfolgt.

Nach dem Orkan Kyrill zu Beginn 2007 übers Land hinweggefegt war und auch im Weserbergland auf großen Flächen Nadelbäume entwurzelt hatte, war man dazu übergegangen, Edellaubhölzer aufzuforsten. So auch z.B. in der Försterei Langenfeld. Esche, Ahorn und Kirsche gedeihen dort auf dem sehr  fruchtbaren Boden besonders gut. “Der Boden wird in Nährstoffstufen von 1 bis 6 eingeteilt - in Langenfeld haben wir es mit den Güteklassen 5 und 6 zu tun. Der Boden ist kalkhaltig, der Jurakalk mit Löss überlagert”, sagt Dr. Berhrndt. “Idealer Nährboden für die Esche, die bei solchem Untergrund auf trockenen Köpfen oder wie im Blutbachtal auch noch auf sehr nassen Standorten in Gemeinschaft mit der Erle wächst”, fügt Uwe Sprick an.

Die Eschen sterben nicht nur dort wo sie in Reinkultur angepflanzt wurden, auch in den Naturverjüngungen sind sie sichtlich befallen oder bereits dürr. Die jungen Kulturen fallen fast vollständig aus, was einen Verlust von 7000 Euro pro Hektar bedeutet. Allein in der Försterei Langenfeld, die insgesamt 1300 Hektar umfasst, stehen Eschen in Reinkultur oder gemeinsam mit Buchen oder Edellaubhölzern auf 300 Hektar. Überall dort, wo die Fichte dem Sturm zum Opfer fiel, setzten die Forstleute auf die Esche, die wegen ihrer besonderen Verwendbarkeit auf dem Holzmarkt gefragt ist. “Es wäre schon ein Drama, wenn die Esche in großem Stil ausfallen würde, wir könnten dann das Umbauziel nicht erreichen”, sagt Dr. Behrndt. Was mit den Flächen geschieht, auf denen die Eschen standen, wermag er noch nicht zu sagen. Um Kosten zu sparen, könnte man auf Naturverjüngung setzen, überlegen die Forstleute.

Über den für das Eschenspitzensterben verantwortlichen Pilz Chalara fraxinea weiß man bisher noch nicht viel. Vermutlich verursacht dieser im Leitgewebe der Eschen eine Tracheomykose. Durch die Verstopfung der Wasserleitbahnen führt der Befall wie beim Ulmensterben, für das auch ein Pilz verantwortlich ist, zum Absterben des Baumes. In der Forstlichen Versuchsanstalt geht man davon aus, das Chalara fraxinea eine ungeschlechtliche Form aus der Gattung Ceratocystis ist. Zu dieser Gattung gehören auch die Schaderreger, die die Eichen- und Platanenwelke sowie das Ulmensterben auslösen. Unklar ist noch, wie die Infektion der Eschen erfolgt. Dewezet, 09.07.09

Mehr zum Naturpark Weserbergland Schaumburg-Hameln

 

 

21.Juli 2009

 

 

Schwarzbuch Wald dokumentiert Defizite beim Naturschutz und in der Forstwirtschaft

Berlin: Ein erstmalig vorgelegtes „Schwarzbuch Wald“ des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) weist erhebliche Defizite in der deutschen Waldwirtschaft nach. In 15 Fallstudien aus elf Bundesländern werden u. a. Verstöße gegen nationale und europäische Naturschutzgesetze und -richtlinien dokumentiert. Dazu gehören Kahlschläge, Fällungen wertvoller Altbaumbestände und Bodenschäden. Mehrfach wurde auch die Brut besonders geschützter Arten zerstört, was gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstößt. Zur Begründung für verheerende Eingriffe werde oftmals die Verkehrssicherungspflicht missbraucht.

Hubert Weiger, BUND-Vorsitzender: „Die aufgedeckten Fälle sind symptomatisch für die Missachtung des Wald- und Naturschutzes. Die heutige Waldwirtschaft genügt weder den gesetzlichen Anforderungen noch dem Natur- und Artenschutz. Der Stopp des Artensterbens ist eine der dringlichsten Aufgaben unserer Zeit. Das Bundeswaldgesetz muss diesen Erfordernissen angepasst werden, damit es den Naturschutz fördert und nicht gefährdet. Die Forstreformen, die zu Personaleinsparungen geführt haben, müssen dringend korrigiert werden, damit die naturnahe Waldwirtschaft in Deutschland eine Chance hat.“

Zum Schutz der Artenvielfalt sei es dringend erforderlich, fünf Prozent der Waldfläche als Naturwaldreservate oder Kernzonen von Großschutzbieten vollständig aus der Nutzung zu nehmen. Langfristig sollten diese ungenutzten Flächen durch kleinere Areale um weitere fünf Prozent ergänzt werden. Derzeit seien lediglich 0,5 Prozent der Wälder frei von jeder forstlichen Nutzung. Der BUND kritisierte die schwarz-rote Regierungskoalition für ihr Versäumnis, wie im Koalitionsvertrag vereinbart das Bundeswaldgesetz zu novellieren.

In einem neuen Waldgesetz müssten die Standards der sogenannten „guten fachlichen Praxis" verbindlich definiert werden. Dazu gehörten das Verbot von Kahlschlägen, das Gebot der Nachhaltigkeit in der Holzbewirtschaftung sowie die naturschutzfachlich kompetente Betreuung von FFH- und Vogelschutzgebieten.

Besondere Verantwortung trage Deutschland für den Erhalt der Buchenwälder. Ursprünglich sei ein Viertel der weltweiten Buchenwaldbestände in Deutschland beheimatet gewesen, wovon jedoch der größte Teil abgeholzt oder in Nadelholzforste umgewandelt worden sei.

Nicola Uhde, BUND-Naturschutzexpertin: „Nur wenn die Bundesregierung auch hierzulande den Schutz der Wälder ernst nimmt, ist sie im internationalen Kontext glaubwürdig. Ansonsten werden die berechtigten deutschen Forderungen zum Schutz der Regenwälder und des Klimas nicht ernst genommen.“ BUND, 21.Juli 2009   ( Link)

 

 

 

    Schlussfolgerungen und Forderungen im Überblick

    Um die im Schwarzbuch Wald aufgezeigten Fehlentwicklungen in der deutschen Forstwirtschaft zu stoppen, fordert der BUND die Verantwortlichen aus Forstwirtschaft, Politik und Verwaltung zum Handeln auf: Eine Novelle des veralteten Bundeswaldgesetzes ist unerlässlich und überfällig. Die Umsetzung der FFH- und Vogelschutz-Richtlinien drängt. Die konsequente Umsetzung der Ziele der Nationalen Biodiversitätsstrategie durch alle Ressortpolitiken muss erfolgen. Die letzten Fragmente alter Laubwälder müssen jetzt für die Zukunft bewahrt werden.

    Mit Blick auf die Ergebnisse des Schwarzbuchs Wald fordert der BUND für die zukünftige Waldwirtschaft insbesondere:

    1. Eine "gute fachliche Praxis" definieren und verankern
    Eine allseits verbindliche Definition und die gesetzliche Verankerung von Standards der "guten fachlichen Praxis" auf Länder- insbesondere aber auf Bundesebene

    2. "Urwälder von morgen" schaffen - Artenvielfalt umfassend bewahren
    Mittelfristig Stilllegung (Prozessschutz) von mindestens 5 Prozent der Waldfläche in Naturwaldreservaten und Kernzonen von Großschutzgebieten, im öffentlichen Wald wegen der Vorbildfunktion 10 Prozent; Ergänzung durch prozessgeschützte Trittsteine auf weiteren 5 Prozent der Waldfläche

    3. Reduzierung der Verkehrssicherungspflichten der Waldbesitzer in den Wäldern
    Befreiung der Waldbesitzer von der Verkehrssicherungspflicht in den Wäldern im Hinblick auf natur- oder waldtypische Gefahren

    4. Verbot von Kahlhieben
    Kahlhiebe grundsätzlich verbieten

    5. Umfassende Nachhaltigkeit der Holznutzung sicherstellen
    Holznutzung im öffentlichen Wald muss vorbildlich Arten- und Klimaschutzbelange beachten

    6. Hochrangige Schutzgebiete stärken
    Naturschutzbehörden bei Eingriffen in hochrangige Schutzgebiete umfassend einbinden; Verstöße verfolgen und ahnden

    7. FFH- bzw. SPA-Gebiete naturschutzfachlich kompetent managen
    Managementpläne für FFH- bzw. SPA-Gebiete zeitnah erstellen und konsequent umsetzen

    8. Rahmenbedingungen der Forstwirtschaft verbessern
    Kritische Überprüfung der Forstreformen in Hinblick auf Erfüllung der ökologischen Nachhaltigkeit sowie Korrektur des Personalabbaus; Forstpersonal naturschutzfachlich fortbilden

    9. Zertifizierung des öffentlichen Waldes nach FSC- bzw. Naturland-Standards, Ausstieg aus PEFC
    Öffentlichen Wald aufgrund seiner Vorbildfunktion nach FSC- beziehungsweise Naturland-Standards zertifizieren; aus PEFC aussteigen

    10. Angepasste, waldverträgliche Schalenwilddichten
    Modernes Wildtiermanagement anstelle von Trophäenjagd. Angepasste Wilddichten nach dem Grundsatz "Wald vor Wild"