Aufruf:                                                                                Schaumburg, den 20.September 2009

    Bundestagswahlen am 27.September 2009

    Eine seltsame Stimmung herrscht in Deutschland, eine Art rasender Stillstand. Es fällt schwer zu beschreiben, was nicht in Ordnung ist. Die Unzufriedenheit und Unsicherheit der Bürger, die in der Luft liegen, finden keinen Punkt, an dem sie sich kristallisieren, von wo aus sie artikulieren und sich zur Wehr setzen können. Denn: zur Wehr wogegen? Es scheint eine neue Situation zu sein, die vielleicht mit der Globalisierung, den Medien oder einfach mit uns selbst als verwöhnten und zugleich überforderten Menschen des 21. Jahrhunderts zu tun hat. … 

    Weiterlesen können Sie diesen empfehlenswerten und interessanten Text in einem Essay vom 19.Sept. 2009 in der Zeitung „Die Welt“. Dort geht Reginald Grünenberg, Politikwissenschaftler und Verleger, unter anderem der Frage nach, ob sich Deutschland, ein Land raffiniert verwobener Interessen, überhaupt noch in einer Demokratie befindet. Sie finden den Artikel: Die Status-quo-Diktatur auch in unserem Pressearchiv oder wenn Sie hier Klicken  * Essay: Was können Wahlen noch bewirken?

    Mit heimatverbundene, freundlichen Grüßen und in der Hoffnung, dass unser „Parteienstaat“ trotz allem in der Lage sein wird, Bürgerinteressen auch tatsächlich zu vertreten und durchzusetzen, geht am Sonntag zur Wahl auch

    Elke Reineking

    Aktionsgemeinschaft Weserbergland - Schaumburger Freunde

    Unterer Weg 2, 31737 Rinteln, Tel.: 05152 - 2156, Mail:Weserberge@aol.com

     

    “Von uns gibt es keinen einzigen Berg mehr!

    Steinbrüche in der Region

    “Beim Gesteinsabbau im Weserbergland muss endlich Schluss sein!”

 

Zeitfragen:

 

     

    Essay

    Die Status-quo-Diktatur

    Befindet sich Deutschland noch in einer Demokratie? Was können Wahlen in einem Land raffiniert verwobener Interessen überhaupt bewirken? Gedanken eines so verzweifelten wie selbstbewussten Bürgers                                                        Von Reginald Grünenberg

    Eine seltsame Stimmung herrscht in Deutschland, eine Art rasender Stillstand. Es fällt schwer zu beschreiben, was nicht in Ordnung ist. Die Unzufriedenheit und Unsicherheit der Bürger, die in der Luft liegen, finden keinen Punkt, an dem sie sich artikulieren und zur Wehr setzen könnten. Denn: zur Wehr wogegen? Es scheint eine neue Situation zu sein, die vielleicht mit der Globalisierung, den Medien oder einfach mit uns selbst als verwöhnten und zugleich überforderten Menschen des 21. Jahrhunderts zu tun hat. Niemand kann sich daran erinnern, so etwas schon einmal erlebt zu haben. Doch all das gab es schon einmal. Vor sehr langer Zeit. Der Althistoriker Christian Meier hat dieses seltsame Phänomen als eine Krise ohne Alternative bezeichnet und erstmals in den Jahren des Niedergangs der römischen Republik verortet: „Je mehr vonseiten des Senats – oder auch von anderer Seite – im Gemeinwesen reformiert wurde, umso schlimmer wurde es. Denn dann wurden alle möglichen Kräfte wach, weil sie sich plötzlich darin, wie sie sich in dem Gemeinwesen eingerichtet hatten, gestört sahen. … Das heisst, es fehlte an der gesellschaftlichen Kraft, die Disposition (Anordnung,Gliederung,Planung) gehabt hätte, ausgehend von handfesten Interessen und Meinungen die Dinge in eine neue Richtung zu treiben, um in einem Bewusstseinsbildungsprozess schließlich als politische Kraft alternativen Gedanken Resonanz, Materie, Intensität und Richtung zu geben.“ Es kam nicht zur notwendigen Zuspitzung der Krise, die es dem politischen System ermöglicht hätte, sich im Zuge der Problemverarbeitung kontinuierlich weiterzuentwickeln. „Kurz: Man kam nicht auf die Idee, an der überkommenen Ordnung etwas zu verändern.“ Diesen Knoten durchschlug Julius Cäsar im Jahr 46 v.Chr. mit der Errichtung der Diktatur. Die auffälligen Ähnlichkeiten machen es verständlich, dass Christian Meier mit dem Szenario der Krise ohne Alternative schon 1997 die vage gefühlte Malaise (norddt: Malesche Unannehmlichkeit) der Bundesrepublik erklären wollte. Doch seine Idee von der Krise ohne Alternative errang nur unter Intellektuellen einige Prominenz. Sie konnte aber weder handfeste Interessen in eine Richtung treiben noch den Konflikt zuspitzen und schon gar nicht eine neue politische Kraft bilden.

    Eine Erklärung wäre, dass die Krise einfach noch nicht reif genug war. Heute befänden wir uns demnach in ihrem fortgeschrittenen Stadium, und die Symptome wären an Zahl und Intensität gewachsen. Dazu könnte man neben der unaufhaltsamen Wucherung der Kosten in den Sozialversicherungen, der Explosion der öffentlichen Schulden und der Innovations- und Reproduktionsverweigerung inzwischen auch die Verschlimmerungserwartung zählen, die vom Begriff „Reform“ ausgeht. Die moderne Expertendemokratie wird schon länger  von einer an sich harmlosen Inkompetenz-Kompensationskompetenz am Laufen gehalten, wie der Philosoph Odo Marquard das einst so schön nannte. Doch allmählich haben die viel gefährlicheren Reform-Folgeschäden-Begrenzungsreformen dieser Scheinexperten das Vertrauen der Bürger erodiert (weggenagt), das für jede demokratische Kultur lebenswichtig ist. Es gibt inzwischen beunruhigend viele Stimmen, die aus unterschiedlichen Richtungen eine Verschlechterung der Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen beklagen, ein ungehemmtes Wuchern der Verwaltungen und darunter das Verschwinden von Initiative, Mut und Zuversicht.

    Doch es gibt noch eine andere Möglichkeit, den Verlauf der Krise ohne Alternative zu beschreiben. Vielleicht ist die Krise ohne Alternative schon vorbei – und wir sind bereits mitten in einer Diktatur! Allerdings wäre das tatsächlich eine historisch neue Form. Kann eine Demokratie überhaupt eine Diktatur sein? Herkömmliche Diktaturen, vor allem die verfassungswidrigen, sind wie auch immer unangemessene Versuche zur Lösung sozialer, wirtschaftlicher oder politischer Probleme durch eine radikale Veränderung des institutionellen Rahmens. Sie haben meistens sogar einen revolutionären Charakter. Könnte es eine dezidiert antirevolutionäre Diktatur in einer Demokratie geben? Sie würde ausschliesslich die Erhaltung der bestehenden öffentlichen Ordnung trotz aller ungelösten und in ihr unlösbaren Probleme betreiben. Das Postdemokratisch-Diktatorische an ihr wäre nicht nur das Fehlen jeglicher politischer Kräfte, die sich einen solchen Systemwandel ernsthaft zum Ziel setzen, sondern vielmehr noch die Komplizenschaft aller etablierten Parteien, die solche Bestrebungen bewusst vermeiden oder sogar unterdrücken.

    Das alles ist der Fall in der Bundesrepublik, und den Pakt gegen den Wandel, gar eine Erneuerung des politischen Systems haben ausnahmslos alle im Bundestag vertretenen politischen Parteien mit dem öffentlichen Dienst geschlossen.

         Können Wahlen noch etwas bewirken?

    Dass die politischen Institutionen, der Länderföderalismus, das Verfassungsgericht, das Parlament, die Parteien, das Beamtentum und die Politiker selbst ein wesentlicher Bestandteil des Problems sind, das wird von den etablierten politischen Kräften mit aller Gewalt verdrängt. Die Bürger spüren das jedoch, und es lässt sie immer mehr zweifeln, ob Wahlen überhaupt noch das richtige Mittel sind, um in dieser Situation am politischen Prozess noch teilzunehmen. Dieser Zustand verdient den Namen einer Staus-quo-Diktatur. Hier eine kleine Litanei der politischen Tatenlosigkeit:

      • Die Rentengarantie als Wahlgeschenk – der Generationenvertrag wird zulasten der Jugend und des Staatshaushalts in Stein gemeisselt;
      • Eine Schuldenbremse, die Regierungen ab 2020 das ausbaden lässt, was die politische Klasse seit der Wiedervereinigung finanziell verbrochen hat – weshalb dieses Jahr auch eher das Datum des Staatsbankrotts der Bundesrepublik sein wird;
      • Der Wächterrat in Karlsruhe hat sich mit dem Europa-Urteil als „der tatsächliche Diktator Deutschlands“ (Konrad Adenauer) endgültig zum Ersatzgesetzgeber und Vormund des Parlaments aufgespielt;
      • Der Parlamentarismus verkommt weiter in den Händen unfähiger Mandatsträger, die Gesetze verabschieden, die sie, wie im Fall der Zustimmung zum Vertrag von Lissabon, nicht einmal gelesen, geschweige denn verstanden haben – was wiederum die „Arschlöcher in Karlsruhe“ (Willi Brandt) auf den Plan ruft;
      • Der Krieg in Afghanistan wird zum Nicht-Krieg erklärt, damit die Kanzlerin nicht, wie es das Grundgesetz verlangen würde, die Führung übernehmen und über ein Ausstiegsszenario nachdenken muss;
      • Die Subventionen sind in der Summe kein bisschen gesunken, obwohl die Eigenheimzulage mit jährlich mehr als elf Milliarden Euro 2006 gestrichen wurde;
      • Der Bund hat sich 2009 erstmals der Pflicht entledigt, in jeder Legislaturperiode einen Versorgungsbericht über den Stand der Beamtenpensionen und aller Zusatzleistungen für den gesamten öffentlichen Dienst vorzulegen – mit dem absurden Argument, die Föderalismusreform I hätte die Zuständigkeit in die Hände der Länder gelegt, wir haben ab sofort keine Möglichkeit mehr, uns ein Bild der finanziellen Verwüstung zu machen, die das Land in den Bankrott treiben wird;
      • Steuer und Baurecht bleiben unverändert ein Katastrophengebiet, und das Umweltgesetzbuch ist nicht zustande gekommen;
      • „Entbürokratisierung“, eines der wenigen Regierungsziele von Angela Merkel, bleibt der Name für eine politische Farce, über die niemand mehr lachen kann;
      • Die Föderalismusreform I hat die Länder in den Bereichen gestärkt, in denen sie bereits besondere Inkompetenz bewiesen haben, nämlich Bildung – Stichwort Pisa - , öffentlicher Dienst – Stichwort Verbeamtung, um die Arbeitgeberbeiträge für die Rentenversicherung einzusparen – und Außenpolitik – Stichwort größenwahnsinnige EU-Vertretungen der Länder in Brüssel;
      • Die Föderalismusreform II, die eine finanzielle Neuordnung der Bundes- und Länderfinanzen bringen sollte, ist mit einem lauten Knall am Einspruch der Länder gescheitert;
      • Der Gesundheitsfonds ist genau das Monstrum geworden, das die Kritiker mit ihren schlimmsten Befürchtungen an die Wand gemalt haben;
      • Nach wie vor stellen Beamte die grösste Berufsgruppe unter den politischen Mandatsträgern – eine politische Todsünde – und ihre unbezahlbaren Pensionsforderungen wachsen auch im Schatten der Krise;
      • Das Oligopol RWE-E.on-Vattenfall schwimmt weiter in den Gewinnen aus den überhöhten Verbraucherpreisen für Energie;,
      • Die Pharmaindustrie schröpft ungehindert die Krankenkassen – irgendwer muss schließlich die Marketingkosten bezahlen, die doppelt so hoch sind wie die Ausgaben für Forschung und Entwicklung;
      • Die politischen Parteien, die Mitglieder, Wahlstimmen und Ansehen verlieren, kolonisieren und beuten den Staat umso mehr aus und ändern auch nichts an dem grundgesetzwidrigen Wahlrecht, das mit seinen Überhangmandaten wahrscheinlich eine ebenso grundgesetzwidrige Regierungsmehrheit hervorbringen wird;
      • Auf Bundesebene wird es in der Republik des Grundgesetzes niemals direkte Demokratie geben, weil Volksentscheide die gefährlichste Bedrohung für die in Gesetzen und Institutionen  zementierten Interessen der Parteien und großer Lobbys sind;

    Das postdemokratische Prinzip der Status-Quo-Diktatur besteht darin, dass es egal ist, wen man wählt, denn es wird sich nach der Wahl nichts ändern. Links und Rechts sind nur noch die schillernden Farben ein und derselben Fata Morgana. Doch an den Rändern, da franst die Bindungskraft der Status-quo-Ideologie langsam aus. Martin Sonneborns Partei Die Partei, Initiativen wie Willi Weise, die 299 Direktkandidaten gegen die etablierten Parteien antreten lassen wollen, die Piraten-Partei und natürlich Horst Schlämmer, all das ist viel mehr als politisches Kabarett, sondern akute Symptome eines schleichenden Legitimationsverlusts, einer Erosion der demokratischen Substanz in den wichtigsten Repräsentativorganen des Staates.

    Wie kommen wir aus dieser hoffnungslosen Situation heraus?

    Es ist eine legale, demokratische Revolution nach Artikel 148 des Grundgesetzes, deren Ziel eine neue Verfassung für Deutschland ist, und das bedeutet nicht weniger als das Abreißen der alten und die gleichzeitige Gründung einer neuen Republik. Die Römer konnten sich einen Verfassungswechsel noch nicht vorstellen – Meier schreibt:“ Man hatte nicht eine Verfassung, sondern man war eine Verfassung“ -, wir aber schon, wenn wir es nur wollen.

    Carlo Schmidt, einer der Väter des Grundgesetzes, machte es am 6. Mai 1949 im Parlamentarischen Rat so deutlich wie nur möglich zu unserer Aufgabe, ganz unabhängig von der Wiedervereinigung eine neue Verfassung und die nächste Republik in Deutschland vorzubereiten. „Auch der Beitritt aller deutschen Gebiete kann dieses Grundgesetz nicht zu einer gesamtdeutschen Verfassung machen. Die neue, die echte Verfassung unseres Volkes wird also nicht im Wege der Abänderung dieses Grundgesetzes geschaffen werden, sie wird „originär“ entstehen, und nichts in diesem Grundgesetz wird die Freiheit des Gestaltungswillen unseres Volkes beschränken, wenn es sich an diese Verfassung machen wird.“ Die Beraubung genau dieser Freiheit ist das Wesen und das Ziel unserer Status-quo-Diktatur.

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